Das Projekt Recriar – BA Brasil

Bereits sehr früh in der Geschichte Brasiliens tauchte der Begriff „Strassenkinder“ auf. Kinder einer portugiesischen Einwandererin und einem afrikanischen Sklaven, galten als Schande und wurden sich selbst überlassen und ausgesetzt. Kinder einer Indianerin und einem Portugiesen wurden bei den Indianern nicht akzeptiert, da nur Kinder von einem indianischen Vater als echte Indianer angeschaut wurden. Auch diese Kinder wurden sich selbst überlassen. Die Kinder einer braunhäutigen Mutter und eines weissen Vaters wurden zu Sklaven.

Zu dieser Zeit dachte die weisse Gesellschaft, dass braunhäutige, weder Intelligenz noch eine Seele besitzen.

Die Jesuiten waren die Ersten, die sich um die Strassenkinder kümmerten. Jedoch nicht der Kinder wegen, sondern um das Stadtbild von den ausgehungerten, bettelnden und stehlenden Kindern zu säubern. Abgesehen von den kirchlichen Findelhäusern, nahm man sich von staatlicher Seite erst gegen Ende des 19. Jahrhundert den Strassenkindern an.

1885 entstand in São Paulo das erste Asyl für Knaben. Diese Anstalten waren aber eher für ihre sadistische, quälende und demütigenden Praktiken bekannt und nicht dafür, dass sie die Kinder wieder für das Leben in der Gesellschaft vorbereiteten.

Ein staatliches Projekt löste das Andere ab. Die Namen wechselten, doch nie wurde die Art der Erziehung grundlegend verändert. Vielmehr vegetierten die Kinder dahin, als dass ihnen die Möglichkeit gegeben wurde, durch gute Schulbildung, Sport und Berufsfachkursen aus dem Teufelskreis der Armut auszubrechen.

Durch das, am 14. Oktober 1990, eingesetzte Kinder- und Jugendgesetz wurde erstmals braunen, weissen, armen und reichen Kindern das gleiche Recht zugesagt. In der Praxis änderte sich jedoch für die Armen und braunhäutige nicht sehr viel.

Viele Ansichten haben sich bis heute nicht verändert. Auch heute gilt noch, weiss gleich reich, braun gleich arm. Die Mehrzahl der Strassenkinder und die Leute in den Favelas (Armenviertel) sind braunhäutige.

Im Mai 1994 löste ein Ereignis einen wahren Boom in der Strassenkinderarbeit aus. Vor der Kirche Candelaria wurden acht schlafende Knaben erschossen. Ihre Körper blieben bis in den frühen Nachmittag am gleichen Platz liegen. Dieses Ereignis war der wohl bekannte Tropfen, welcher das Fass zum überlaufen brachte. Im ganzen Land fanden Märsche von nichtstaatlichen Organisationen statt, in denen sich auch Strassenkindern einreihten. Sogar der Präsident des Landes wurde, durch diese nationale Bewegung für Strassenkinder, aufmerksam.

Leider ist heute von dieser Bewegung nicht mehr viel zu spüren. Viele Projekte sind geschlossen worden und die Anzahl der Strassenkinder ist wieder markant gestiegen. In Salvador (Nordostbrasilien – Hauptstadt des Bundesstaates Bahia), gab es noch nie ein Projekt, welches sich ganzheitlich für die Probleme der Strassenkinder einsetzt.

Seit Frühling 2005 gibt es das Projekt RECRIAR-BA, das sich zur Aufgabe gesetzt hat, Kindern aus den Slums wieder in die Gesellschaft einzugliedern. Die Organisation im Nordosten Brasiliens ist christlich-sozial ausgerichtet. Jeweils am Dienstag und Donnerstag arbeitet ein Team direkt auf der Strasse. Sie versuchen Kontakte zu knüpfen und das Vertrauen der Kinder und Jugendlichen zu gewinnen. Am Mittwoch und Freitag bekommen die Kinder und Jugendlichen die Möglichkeit, in einem Haus Ð welches von dem Projekt zur Verfügung gestellt wird – zu erleben, wie ein Tagesablauf in einem Wohnheim aussieht. Dort lernen sie die alltäglichen Abläufe kennen, wie z.B.: normale Alltagsregeln, Tischmanieren, Zähneputzen, Hygiene, normales spielen usw. In der Zeit im Haus erhalten sie auch ein Frühstück und ein Mittagessen. Elemente der Arbeit sind Sport, Handwerk, Musik und biblische Geschichten. In der Zeit im Haus redet eine Psychologin mit den Kindern (Teenagern) über deren Familie, Herkunft und über ihre Erlebnisse auf der Strasse. Die Kinder werden motiviert, aus dem Strassenleben auszusteigen.

Hat sich ein Kind dazu entschieden, kann es für zwei Wochen im zweiten Teil des Hauses wohnen. Die zwei Wochen dienen dazu, einen Drogenentzug zu vollziehen und die wichtigsten Verhaltensregeln der Gesellschaft zu lernen. Während diesen zwei Wochen wird ein Teil der Mitarbeiter ein Familienmitglied, welches dem Kind am nächsten steht, besuchen. Sie klären die Situation und Umstände in der Familie ab.

Die nächste Phase ist bis jetzt nur geplant. Sobald wir genügend Kinder haben und wir ein geeignetes Haus finden, können wir unseren Plan auch in die Realität umsetzen. Nach den zwei Wochen tritt es ins eigentliche Haus ein. Von dort aus gehen sie zur Schule und erhalten Sport-, Musik- und Handwerkunterricht und je nach Fähigkeiten des Kindes, auch Berufskurse. Mindestens dreimal im Monat muss das Kind Kontakt zu den Familienangehörigen haben. Die Familienmitglieder sollen in unser Haus kommen. Es ist auch möglich, mit einem der Pädagogen einen Besuch bei ihren Familien zu machen. Für volljährige Teenager dauert das Nacherziehungsprogramm neun Monate. Minderjährige bleiben bis zu ihrer Volljährigkeit im Projekt. Unser Ziel und Wunsch ist es jedoch, die Strassenkinder wieder in ihre Familien einzugliedern, wobei das leider nicht immer möglich ist.

Für die Realisierung unseres Projektes sind wir auf jede finanzielle Unterstützung angewiesen und dankbar.
Besten Dank für Ihr Interesse an dem Projekt „Zukunft für Kinder in Brasilien“.